{So entscheiden Menschen: Sie wägen (mal kognitiv, mal intuitiv, mal beides zusammen) tatsächliche und potentielle positive und negative Folgen von Alternativen gegeneinander ab und wählen diejenige, die den höchsten Summanden verspricht. Dabei werden Ergebnis–, Prozess–, Persönlichkeits– und Prosumtionsnutzen addiert und gegen finanziellen Aufwand und andere Ergebnis–,Prozess–, Persönlichkeits– und Prosumtionskosten aufgerechnet. Ob bewusst oder unbewusst, ratio– oder emotional, gezwungen oder frei: der so festgestellte Transaktionswert wird dem Transaktionswert von Entscheidungsalternativen gegenübergestellt. Die Ausdifferenzierung der verschiedenen Möglichkeiten ist handlungsleitend. Vor diesem Hintergrund verspricht es, zumindest unterhaltsam zu sein, Entscheidungen der aktuellen Weltgeschichte nachzuvollziehen.}
Heute: Sigmar Gabriel nennt Schulz den Mann mit dem Haaren im Gesicht
Im Grunde eine Ungeheuerlichkeit im sonst so um Contenance bemühten Politbetrieb. Da lässt einer seinen ganzen Frust in einer richtig gemeinen Lästerei raus. Und zack, smack, Volltreffer: der andere ist am Boden. Dabei ist der Erstere so erfahren, dass er sicher ganz genau um die Konsequenzen, die sein Spruch haben wird, weiss. Wie also kam die Entscheidung zu diesem Handeln zustande? Impulsiv? Möglich. Auf jeden Fall aber aus diesem (hypothetischen) oder einem ganz anders abgeschlossenem Nutzen–Kalkül heraus:
Zwar war klar, dass er mit dem Spruch definitiv raus aus der Führungsverantwortung sein würde (Ergebnis–Kosten), aber der andere wäre dann noch viel kompletter K.o. Und damit die Rache sein und der Ergebnisnutzen hoch. Hinzu kam: Die Lästerei verschaffte ihm möglicherweise einen ebenfalls erhöhten Persönlichkeits– und vielleicht sogar Prosumtionsnutzen (wer weiss, wem er damit einen Gefallen getan hat, der sich noch auszahlen wird), wobei die diesen Nutzenbestandteilen gegenüberstehenden entsprechenden Kosten wahrscheinlich als überschaubar eingeschätzt wurden. Darüber hinaus stiftete es sicherlich irgendwo auch einen nicht unerheblichen Prozessnutzen, endlich mal aus der Rolle zu fallen und mit offenem Visier zuzustechen, wobei die Prozesskosten der Entschuldigungen in den folgenden Tagen sicherlich auch nicht als unerheblich eingeschätzt wurden. Alles in allem wird der Gesamttransaktionswert aber im vorhinein als wahrscheinlich positiv und denen anderer Handlungsalternativen überlegen wahrgenommen worden sein, sodass das Ganze also wohl eher als ein lohnendes Geschäft erkannt und letztendlich durchgezogen wurde.
Tja. Ja. Könnte so gewesen sein. Alternative Transaktionswert–Theorien sind aber willkommen…