„Marketing ist, was man draus macht“ ist m.E. eine der besten Begriffsdefinitionen überhaupt. Daneben lasse ich nur noch Weibers Ansatz gelten (aber der ist nicht ganz so eingängig) und für wen es noch simpler sein soll, für den habe ich heute dieses hier: Marketing ist, „Nein!“ zu sagen. Und zwar auf allen vier, idealtypischerweise aufeinander folgenden Reinkarnationsstufen des gemeinen Marketers; auf dem Einstiegslevel, in der Marketingmittelerde, im Topmarketing und im Hochschulnirvana.
Gut, als Einsteiger sollte ein Nein seltener vorkommen. Kein Job, keine Herausforderung ist nieder genug, als dass, man in und aus ihm/ ihr nicht Wichtiges lernen könnte. Denn jede Chance, Fehler zu machen, sollte fröhlich willkommen geheissen werden. Weil die Gelegenheit dazu kommt so schnell nicht wieder.
Gerade deshalb ist das auch die Marketerlebenszyklusphase, in der das Nein–Sagen geübt werden sollte. Nicht laut und gegenüber Kunden und Vorgesetzten. Aber gegenüber dem größten Feind des Marketingmeisters schon: dem Sichmitdemdurchschnittzufriedengeben. Es gibt nämlich nichts Deprimierenderes als das gerne genommene Geht-doch oder ein munteres Machen-die-anderen- auch-so. Das kann passen, wenn der Grund und die Chancen oder das Budget das rechtfertigen, aber: lieber zwölfmal „Nein, so ist es noch nicht gut genug!“ als ein einziges Zufrühzufriedengeben.
Und dann, wenn man endlich nach Marketingmittelerde kommt, ist es – Schwupps! – vorbei mit dem Fehlermachendürfen. Und was ist der größte Fehler? Richtig: nicht das Richtige tun. Das Richtige aber ist nicht per se da. Es will gefunden werden, denn natürlich ist meist alles irgendwie richtig, denn machen kann man grundsätzlich immer alles.
Das wirklich Richtige, besser eine der wirklich! richtigen Alternativen braucht aber den stimmigen Grund und das Was und das Wie muss auch passen und es muss fokussiert angegangen werden, sinst bringt das nichts profundes. Also wieder „Nein!“ sagen. Und zwar ziemlich oft. Nein, keine Anzeige im Krankenhausmagazin oder der Umfeldkarte, Taxiwerbung auf einem Taxi während einer Dekade kommt auch nicht in Frage, Influencerwerbung auf Teufelkommraus weil die Konkurrenz das auch macht: lassen wir bitte ebenfalls sein. Nein, nein, nein und so weiter und so fort…
Machmal (aber nur ganz manchmal) bringt einen dieser immerwährende Kampf mit dem nicht richtig Richtigen dann irgendwie doch weiter. Nämlich dahin, wo es keine echten Fehler mehr gibt; wo die Budgets so dick sind, das jedes Konzept den Beweis des Erfolges gleich integriert hat; ins CMO-Fegefeuer, wo alles geht also. Und wo immer alles gehen muss. Und wenn es nicht geht, dann muss es trotzdem gehen. Was nicht passt, wird passend gemacht. Bis das finale „Nein“ kommt und dann nur noch ein Weg bleibt (wenn nicht das nächste Hamsterrad ruft): in die Lehre. (Aber nur, wenn dieses Nein wieder als Chance erkannt und wahrhaft mitgesprochen wird.)
Aber dort ist es dann auch nicht wirklich anders als da draußen. Das merken die meisten dann doch recht schnell. Denn die, die die Stufen 1 bis drei übersprungen haben, sind schon lange da und das verkürzt die neue Novizenzeit sehr, provoziert viel Ackern im Lehremittelerdealltag und erlaubt nur für wenige die echte Hochschulkarriere nach der Karriere. Wer da nicht „Nein“ sagt und den eigenen Weg sucht zwischen Lautsprechern, Karrieristen und Forschungsproduzenten ist schnell wieder drin in der Geht-doch-, der Machen-die-anderen-auch-so- oder der Zufrühzufriedengeben-Schleife…
Marketing ist „Nein!“-Sagen. Sonst ist alles nichts, weil man nichts draus macht…